Bifaciale Glas-Glas-Module erzeugen auf Vorder- und Rückseite Solarstrom und liefern so bis zu zehn Prozent Mehrertrag ohne zusätzliche Fläche. Ihr doppeltes Glaslaminat schützt die Zellen besser als herkömmliche Rückfolien, wodurch Leistung und Lebensdauer messbar steigen.
Bifaciale Module unterscheiden sich konstruktiv durch zwei gleich starke Glasscheiben, die das Solarzellenmatrix beidseitig verkapseln. Das frontseitige Solarglas besitzt eine hochtransparente, eisenarme Zusammensetzung, die über 92 Prozent des Lichts im sichtbaren Spektrum durchlässt; rückseitig schützt identisches Glas die Zellstrukturen vor Feuchte und mechanischer Belastung. Zwischen beiden Schichten sitzt eine EVA-Folie, die beim Laminieren schmilzt und Lufteinschlüsse vollständig verdrängt, sodass keine Potenzialinduzierte Degradation auftritt. Da kein Kunststoff-Backsheet vorhanden ist, schrumpft der Wasserdampfdiffusionskoeffizient um den Faktor 100, was Mikrorisse durch Hydrolyse verhindert. Zugleich erhöht das Glas-Glas-Sandwich die Biegesteifigkeit um ein Drittel, weshalb weltweit anlageplanerisch geringere Querträgerabstände genügen. Diese Materialvorteile ermöglichen schlankere Unterkonstruktionen und reduzieren langfristig Wartungskosten, weil Delamination oder UV-Versprödung faktisch ausgeschlossen sind. Durch die Einbettung in Glas steigt außerdem die Brandklassifizierung auf A, was Versicherer mit niedrigeren Prämien honorieren und Bauaufsichtsbehörden in sensiblen Zonen wie Flughafennähe voraussetzen.
Der Name „bifacial“ verrät den Kernnutzen: Solarzellen absorbieren Licht von beiden Modulseiten und wandeln auch reflektierte Strahlung – das sogenannte Albedo-Licht – in Strom um. Typische bifaciale Gain-Werte bewegen sich zwischen fünf und zehn Prozent, können auf schneebedecktem Boden aber bis zu 30 Prozent erreichen, weil Weißflächen eine hohe Rückstrahlquote besitzen. Entscheidender Parameter ist der Abstand zum Boden: Ab 40 Zentimetern optimiert sich der Streulichteinfall, da weniger Abschattung durch Rahmen oder Halterung auftritt. Bei Balkonanlagen steigert ein Neigungswinkel von 15 Grad rückseitige Lichtausbeute, weil Sonnenstrahlen in den Innenhof reflektieren. Half-Cut-Zellen mit 9-Busbar-Layout verringern den Serienwiderstand und lassen Rückseitenelektronen schneller fließen, wodurch der bifaciale Faktor um drei Punkte klettert. In Ost-West-Aufstellung liefern Module morgens und abends simultan Strom von der jeweils beleuchteten Seite, was Eigenverbrauchskurven glättet und Wärmepumpen effizienter macht. Langzeitmessungen an Testfeldern südlich von München belegen, dass ein 430 W-bifacial Panel im Jahresmittel 38 kWh mehr Ertrag erzielt als ein frontales Glas-Folie-Pendant, was bei aktuellen Strompreisen rund zwölf Euro Extraersparnis pro Modul bedeutet.
Glas-Glas-Module glänzen mit einer linearen Leistungsgarantie von 30 Jahren, während Glas-Folie-Modelle meist 25 Jahre bieten. Grund ist die chemische Trägheit von Borosilikatglas: Es widersteht UV-Bestrahlung, saurem Regen und Wüstentemperaturzyklen ohne physikalische Alterung. Durch den symmetrischen Laminataufbau herrschen ausgeglichene thermische Ausdehnungskoeffizienten, sodass Zellbändchen keine Scherkräfte erleben; Mikrocracks durch Temperaturextreme treten deshalb deutlich seltener auf. In Salzsprühkammertests nach IEC 61701 erreichen Glas-Glas-Module höchste Korrosionsklasse 6 und sind damit ideal für Küstenregionen. Nachhaltig punkten sie ebenfalls: Nach 25 Betriebsjahren lassen sich Glas und Silizium mit 95 Prozent Recyclingquote zurückgewinnen, während Back-Sheet-Kunststoffe als Sondermüll gelten. Die höhere Lebensdauer senkt den spezifischen CO₂-Fußabdruck auf unter 15 Gramm pro Kilowattstunde – halb so viel wie bei Folienmodulen. Damit erfüllen Glas-Glas-Module bereits heute die strengen Criteria des EU-Green-Public-Procurement-Programms, was für öffentliche Gebäude entscheidend ist.
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Die robuste Glas-Glas-Struktur empfiehlt sich für Carport-Überdachungen, weil hagelresistente Paneele Fahrzeugdächer schützen und zugleich Strom für die Wallbox liefern. In Agri-PV-Feldern lassen bifaciale Module 10 Prozent mehr Regen und Licht auf Pflanzen durch, da sie semi-transparent sind und in höherer Stellung montiert werden. Studien des Fraunhofer-ISE zeigen, dass Himbeerplantagen unter 40 Prozent Transparenzpaneelen höhere Erträge erzielen, ohne dass PV-Output signifikant sinkt. Im alpinen Raum kompensiert reflektierender Schnee den flacheren Wintersonnenstand; bifaciale Glas-Glas-Module liefern dort sogar Mehrertrag, während konventionelle Module schräge Einstrahlung schlechter nutzen. Betreiber großer Solarparks orientieren Paneelreihen übrigens Nord-Süd und stellen sie vertikal, um bifaciale Gewinne zu maximieren und gleichzeitig Modulreinigung zu vereinfachen. Selbst auf flachen Bürofassaden fungieren transparente Glas-Glas-Elemente als architektonisches Stilmittel und erzielen dank Hinterlüftung niedrige Zelltemperaturen, was den Wirkungsgrad auch im Sommer hoch hält.